Der Kurs bietet eine Einführung von praxisrelevanten psychoanalytischen Theorieelementen für die lösungsorientierte, tiefenpsychologisch-fundierte Seelsorge. Vorgestellt werden die Persönlichkeitsmodelle und das Konzept des Unbewussten, die Theorie und die verschiedenen Formen der Abwehr als Schutz der persönlichen Integrität, die psychischen Schemata («Lebensstilmuster»), ihre Entstehung in der Kindheit und ihre Funktion als hilfreiche oder hinderliche Orientierungshilfen in der Gegenwart. Des Weiteren werden Werkzeuge vermittelt für eine rudimentäre Einschätzung des seelischen Strukturniveaus, der Belastbarkeit und der inneren Selbstregulation der Klient:innen. Wir arbeiten mit dem Konzept der «Übertragung und Gegenübertragung», lernen deren Auswirkung auf das Gespräch zu erkennen und in bestimmten Fällen mit dem Gegenüber zu besprechen. Ein Schwerpunkt des Kurses: Wir reflektieren dieses Konzept speziell für unsere Rolle als Pfarrpersonen und Seelsorgende: Welche Übertragungstypen erleben wir vonseiten unseres Gegenübers und wie gehen wir damit professionell um, ohne in ein Gegenagieren zu geraten? Es erfolgt eine Einführung in das «bipolare» Vorgehen: In Absprache mit den Ratsuchenden werden die beiden Pole des möglichen Vorgehens in einer Beratung verbunden: der direkte Weg von Zielsuche und eventueller Realisierung mit dem «Weg durch die Tiefe», d. h. der lösungsorientierten Problemanalyse. Wie erkennen wir, dass dieses Vorgehen angezeigt ist, und wann ist es unnötige «Psychoarchäologie»? Anhand von gespielten Fallbeispielen arbeiten wir an einer sensiblen klientenbezogenen Ausdrucksweise, der Auswahl und Verstärkung der hilfreichen Elemente, ohne der:die Klient:in zu manipulieren oder zu überfordern (Interventionsgestaltung). Wir bilden – mithilfe der neu erworbenen tiefenpsychologischen Werkzeuge – Hypothesen zur Persönlichkeit des:der Klient:in und zum Gesprächsverlauf und bauen unser Vorgehen darauf auf. Wir lernen, uns während des Gesprächs selbst zu supervidieren.
Die Teilnehmenden
- erwerben Praxisrelevante Kenntnis der tiefenpsychologischen Fachsprache;
- lernen Diagnostisch-psychodynamisches Erfassen der Problemkonstellation der Ratsuchenden;
- lernen Respektvolles und wertungsfreies Besprechen mit dem Gegenüber («lösungsorientiertes Deuten»);
- erhalten die Fähigkeit, zu erkennen, wann Tiefenarbeit angeboten werden soll und wann sich der direkte Weg zu einer Problemlösung anbietet;
- lernen, prozessbehindernde Übertragungen und Gegenübertragungen zu erfassen und konstruktiv zu nutzen, um so auch mit ablehnenden und aggressiven Menschen umgehen zu können;.
- können mögliche Ursachen für dieses Verhalten erahnen und wenn nötig ansprechen. So wird es möglich, die Zuwendung auch zu schwierigen Mitmenschen aufrechtzuerhalten, statt das Vorgehen von privater Sympathie und Antipathie leiten zu lassen.
Propstei Wislikofen, Seminarhotel und Bildungshaus, 5463 Wislikofen
Patrizia Weigl-Schatzmann, LOS-Trainerin, Pfarrerin, Klinik-Seelsorgerin UPD Bern, MAS in lösungsorientiert-systemischer Beratung IAP/ZSB